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Dienstag, 04 August 2015 18:16

BGH: Unterlassungserklärung begründe keine Pflicht zur Löschung der RSS-Feeds auf Drittwebseiten (04/08/15)

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Der Bundesgerichtshof hat in dem konkreten Fall entschieden, dass die abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung grundsätzlich nicht dazu verpflichte, die rechtsverletzenden Inhalte auch auf den Webseiten der Abonnenten eines RSS-Feeds entfernen zu lassen. Allerdings zeigt das Urteil, dass es auf den genauen Wortlaut der Unterlassungserklärung ankommt.

BGH, Urteil vom 11.11.2014, Az. VI ZR 18/14

Worum ging es?

Die BILD GmbH & Co. KG als Betreiberin von bild.de hatte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Darin verpflichtete sie sich, die Verbreitung eines Bildes zu unterlassen, welches gegen die Persönlichkeitsrechte einer ehemaligen RAF-Angehörigen verstieß. Daraufhin löschte die BILD das betreffende Foto von ihrer Internetseite und stellte bei Google einen Antrag auf Löschung des Bildes aus dem Cache.

Allerdings hatte ein anderes Informationsportal den sog. RSS-Feed von bild.de abonniert, wodurch der betreffenden Beitrag inklusive des rechtsverletzenden Fotos auf der Drittwebseite noch angezeigt wurde.

RSS-Formate sind eine Art Nachrichtenticker. Die RSS-Kanäle werden mit Informationsblöcken versehen, die entweder nur aus einer Schlagzeile mit Textanriss oder aus Volltexten bestehen. Dadurch können Nachrichten fremder Webseiten in die eigene Seite integriert werden. Wird die Nachricht auf der Original-Webseite gelöscht, kann sie allerdings weiterhin im entsprechenden RSS-Feed auf der Seite des Drittanbieters auftauchen.

Die ehemalige RAF-Angehörige als Klägerin sah hierdurch die Pflichten der BILD aus der Unterlassungserklärung verletzt und verklagte sie auf Zahlung einer Vertragsstrafe.

Was hat das Gericht entschieden?

Der BGH entschied zugunsten der BILD. Nach Ansicht des Gerichts begründe die Abgabe der Unterlassungserklärung keine Pflicht des Unterlassungsschuldners, auf die Abonnenten seines RSS-Feeds einzuwirken. Nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung habe sich die Beklagte nämlich nur dazu verpflichtet, das entsprechende Foto nicht „erneut zu verbreiten“.

Die Weiterverbreitung durch den Feed-Abonnenten sei allerdings gerade keine Folge des „erneuten“ Zugänglichmachens des Bildes durch die Beklagte und daher auch nicht von der Unterlassungsverpflichtung umfasst. Eine „Rückrufpflicht“ des Unterlassungsschuldners bestehe insofern nicht.

Allerdings bejahte der BGH den Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Anwaltskosten. Durch die ursprüngliche Einstellung des Bildes habe sich nämlich die von der Beklagten geschaffene internettypische Gefahr der Persönlichkeitsrechtsverletzung verwirklicht.

Folgen für die Praxis:

Das Urteil zeigt wieder einmal: Auf den genauen Wortlaut der Unterlassungserklärung kommt es an! Betrifft der Inhalt der Unterlassungserklärung lediglich die „erneute“ Verbreitung bestimmter Inhalte, wird dadurch grundsätzlich keine Verpflichtung begründet, auch auf die Abonnenten des RSS-Feeds entsprechend einzuwirken.

Allerdings ist es mit der bloßen Löschung der betreffenden Inhalte für den Unterlassungsschuldner nicht getan. In vielen Fällen begründet die Abgabe der Erklärung nämlich auch konkrete Handlungspflichten. Der Unterlassungsschuldner muss zumindest Google als gängigsten Suchmaschinenbetreiber anschreiben und darauf hinwirken, dass die persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalte aus dem Google-Cache gelöscht werden (siehe z.B. OLG Celle, Urteil vom 29.01.2015, Az. 13 U 58/14). Gleichermaßen sollte der Unterlassungschulder die rechtsverletzenden Inhalte auch von etwaigen Drittwebseiten entfernen lassen und die Löschung kontrollieren. Anderenfalls kann auch in diesem Fall eine Vertragsstrafe drohen, siehe z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2013, Az. I-20 U 52/13 und BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az. I ZR 77/12.

Gelesen 3234 mal Letzte Änderung am Dienstag, 04 August 2015 18:29
Dr. Oliver S. Hartmann

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